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I’m not a hero – I’m a composer (2014)

Ein Portraitkonzert des Komponisten Hanns Eisler

Was für ein Leben! Aus dem Wien der Jahrhundertwende ins Berlin der 20er Jahre, ins amerikanische Exil, zum Neuanfang in die DDR – das ist die Geschichte eines Jahrhunderts und eines genialen Musikers, der es mitprägte: Hanns Eisler – Komponist, Weltbürger, Revolutionär.*
Marx der Musik? Musik als politische Waffe? Komponist Neuer Musik und bedeutender Schüler Arnold Schönbergs und der Wiener Schule? Staatsfeind der USA in der McCarthy-Zeit? Geschätzter Filmmusikkomponist und Oscar-Preisträger in Hollywood? Seine Kompositionen = Gesang als Asyl in der DDR? Hanns Eisler hinterlässt mehr Fragen als Antworten, die Leitfaden für die künstlerische Arbeit in diesem Projekt waren. Vielschichtig sind die Antworten, die vor allem auch aus dem Zusammenwirken der verschiedenen künstlerischen Genres gegeben werden.
Wir nähern uns dem Komponisten Hanns Eisler in historischen Bildern und mit unterschiedlichen künstlerischen Mitteln: Chormusik, Lied, Klaviermusik, Choreografie/Tanz und Bildprojektionen werden in gegenseitiger Ergänzung und Beleuchtung ein facettenreiches Bild dieser Komponistenpersönlichkeit in seiner Zeit entstehen lassen. Bewegte Menschen und Projektionen bilden eine Kommentarebene zur Musik, ergänzen diese, erläutern sie, widersprechen ihr. Das zentrale Element des Abends sind dabei die ChorsängerInnen in Aktion. Denn: Chorgesang, Sololied, choreografische Aktivitäten und Tanz präsentieren die Chorarbeit neu, spannend und zeitgemäß. Alle diese künstlerischen Elemente werden von den SängerInnen der beiden Chöre selbst übernommen. Außerdem zu sehen sind die TänzerInnen von iMove (Leitung Lionel Droguet) und die Projektionen von Krischan Kriesten. Neue Medien und Chorgesang treten hier in einen spannungsvollen Dialog. Und zu hören ist die ans Akrobatische grenzende Klaviermusik, dargeboten von Marina Kavtaradze und Thomas Betz. Das Ergebnis ist ein großes Abenteuer: Hanns Eisler, seine Zeit, seine Musik!
Nach einer kurzen Eröffnung befinden wir uns im Wien der frühen zwanziger Jahre.  Das Intermezzo aus der Klaviersonate op. 1 zeigt Eisler als mittellosen jungen Mann, einen Kriegsheimkehrer aus dem Ersten Weltkrieg. Als  Schüler von Arnold Schönberg gelangten ihm sehr bald seine ersten Erfolge in der bürgerlichen Musikwelt (Kunstpreis der Stadt Wien).
Zwei Jahre später schon wird er sich von der neuen Musik und vorerst auch von seinem Lehrer Schönberg abwenden: Nicht das bürgerliche Publikum interessiert ihn mehr, sondern die Arbeiterbewegung und ihre Kulturorgane. Er zieht nach Berlin und komponiert für Agitprop-Gruppen und proletarische Chöre, für linke Schauspielensembles und den fortschrittlichen Film. Er steht der KPD nahe und spielt regelmäßig mit Ernst Busch in Berliner Kneipen. In dieser Zeit beginnt seine lebenslange Freundschaft und Zusammenarbeit mit Bert Brecht. Kompositorisch verortet er sich in der Novembergruppe, einem Zusammenschluss von fortschrittlichen Komponisten des Berlins der 20er Jahre. Zu Gehör aus dieser radikalen Vereinigung kommen Kurt Weill mit Auszügen aus seiner Vertonung des Brecht-Gedichtzyklus „Berliner Requiem“ und Stefan Wolpe mit dem avancierten Klavierwerk „Stehende Musik“. Schon 1927 erschreckte Wolpe seine HörerInnen durch die „zyklopische Kraft“ seines Klavierspiels, mit der er die wechselnden Register, Farben und rhythmischen Modelle von „Stehende Musik“ präsentierte. Mit beiden Komponisten teilte Eisler Weltanschauliches, aber auch die Verfolgung der Nationalsozialisten aufgrund der Nürnberger Rassengesetze und damit auch das Exil. Letzteres teilte er auch mit dem französischen Komponisten Darius Milhaud. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs emigrierte Milhaud wie Eisler in die USA. Noch in Frankreich allerdings entstand 1936 das virtuose Werk Scaramouche für zwei Klaviere.
Der Aufstieg der Nationalsozialisten zwang Eisler 1933 zur Emigration. Das Exil führte ihn auch an die Saar. Er und viele namhafte progressive KünstlerInnen unterstützten während des Abstimmungskampfes 1933-35 mit ihrem Schaffen die Status Quo Bewegung. „Der 13. Januar“ ist eigens für den Abstimmungskampf komponiert worden. Eisler selbst weilte im Januar 1934 an der Saar und führte in Saarbrücken und Dudweiler Konzerte durch. Besonders intensiv arbeitete er mit dem Dudweiler Arbeitergesangverein. Mehrere Konzerte sind durch Zeitungsberichte belegt. Hier erklangen auch „Naturbetrachtungen“ aus op. 13 und „Einheitsfrontlied“ von dem Schönberg-Schüler Karl Rankl. Mit der „Ballade von der Judenhure Marie Sanders“ (Nr. 20) reagierten Brecht und Eisler auf die Nürnberger Rassengesetze vom 15. September 1935.
In den folgenden Jahren hielt Eisler sich in verschiedenen europäischen Ländern, der Sowjetunion und den USA auf. 1935 lernte er auf einer ersten Reise in die Vereinigten Staaten das New Yorker Komponistenkollektiv kennen, zu dem auch Henry Cowell gehörte. Beeindruckt zeigte sich Eisler vom neuen, modernen Stil Cowells, dem Entdecker der Cluster-Klänge. 1942 schließlich ließ Eisler sich in Los Angeles nieder, wo er sich erfolgreich als Komponist von Filmmusik etablieren konnte. Aber auch Chorwerke spielten weiterhin eine Rolle. Für eine Mädchenschule komponierte Eisler das Woodburry Liederbüchlein mit deutlich hörbaren Elementen US-amerikanischen Lebens. Kritische Reflektionen in dieser Zeit leistete er in seinem Hollywooder Liederbuch. Ihm entstammen die Elegien über die Filmindustrie und Gedanken an Heimat, die deutschen Soldaten und die Verbrechen des Krieges. 1945 erlebte Eisler in den USA tiefbewegt das Ende des II. Weltkriegs.
Nach der erzwungenen Ausreise aus der USA und einer Zeit des Suchens ließ er sich 1949 in Ost-Berlin nieder. Hier nahm er die Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht wieder auf, die sich als überaus produktiv erwies. Ein kleines Beispiel dafür ist die Kinderhymne. 1950 vertonte er „Neue deutsche Volkslieder“ von Johannes R. Becher und die Nationalhymne der DDR. In seinem Alterswerk „Ernste Gesänge“ für Bariton und Streichorchester reflektierte Eisler 1962 kurz vor seinem Tod historische Ereignisse seiner Lebenszeit. Traurigkeit, Hoffnung, Leben ohne Angst sind die zentralen Begriffe dieses Zyklus.
Hanns Eisler starb am 6. September 1962 in Berlin.

Mitwirkende

  • Der Gemischte Saarbrücker Damenchor
  • Der Gemischte Saarbrücker Herrenchor
  • iMove – Jugendtanzgruppe des SST
  • Marina Kavtaradze, Thomas Betz -  Klavier
  • Lionel Droguet - Tanz, Choreografie
  • Ingo Fromm - Regie
  • Krischan Kriesten - Bildprojektionen

Idee, Konzeption und Künstlerische Gesamtleitung: Amei Scheib

Bildergalerie

* Zitat Elke Heidenreich

eisler


















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